Einige Ereignisse und Fakten aus der Zeit von 1600-1700
Gerlinde Bahre
Die Einträge in den Taufmatriken lassen vermuten, dass die ersten Ansiedler in Hohenwald relativ junge Leute waren. Immerhin werden im Durchschnitt pro Jahr 1-4 Kinder geboren. Aus den Geburtenanzahlen lassen sich aber auch Rückschlüsse auf die politischen Ereignisse ziehen. So gibt es um 1640/1650 in etlichen Jahren keine einzige Geburt.
Was ist in dieser Zeit geschehen? Erstens war der 30jährige Krieg noch nicht zu Ende und zweitens war es die Hauptzeit der Rekatholisierung, in der viele protestantische Bewohner das Land verließen.
(Quelle:
Aus dem Geburtenregister 1624-1699 (Online-Archiv Leitmeritz/ Litomeřice)
I-N, I-O 1624-1699 Index für die Bände N, O 1624-1648 und N, O 1648-1717
Anmerkung: Namenseinträge (Index) für Hohenwald auf den Archivseiten
97/98)
Jahr Anzahl der Geburten
1627 3 1661 1
1628 1 1662 2
1629 4 1663 4
1630 1 1664 4
1631
4
1666
1
1633 1 1667 2
1637 3 1668 1
1638 2 1669 1
1639 1 1670 2
1642 2 1671 2
1645 1 1673 4
1647
4
1674 8
1650 4
1654 3
1657 2
1658 1
1660 2
Die Exulanten von Hohenwald um 1650
Als Exulanten bezeichnet die Geschichtswissenschaft die meist protestantischen Glaubensflüchtlinge des 16. bis 18. Jahrhunderts, die wegen ihres religiösen Bekenntnisses aus ihrer Heimat vertrieben wurden.
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(Quelle: Jahrbuch des Deutschen Gebirgsvereines für das Jeschken- und Isergebirge, 1934, S.26 (Beitrag: Der Jeschken-Isergau in der Wallenstein-Zeit, S.15-37)
…. In Friedland hatte der neue (katholische) Dechant eine schwere Aufgabe. Seine Pfarrkinder besuchten lieber benachbarte evangelische Kirchen. Darum berichtete er auch, daß er nirgends so halsstarrige Lutheraner getroffen habe als zu Friedland; kaum der zehnte Teil komme in seine Predigten. (S.25)
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(Quelle: Franz Pohl, Die Exulanten aus der Herrschaft in Böhmen zur Zeit der Gegenreformation, 1939)
Ebenso zahlreich wie in Sachsen finden sich die Exulanten in der auch zu Sachsen gehörigen Oberlausitz. Die Herrschaft Friedland war nach Wallensteins Tod an den Grafen Gallas gekommen. Sie war trotzdem infolge der langen schwedischen Besetzung an der nahen kursächsischen Grenze fast rein protestantisch. Als die gräfliche Regierung unter dem Druck mit Hilfe einiger Jesuitenpatres 1650 an die Rekatholisierung des Landes ging, mußte sie erleben, daß von den etwa 7500 Einwohnern, die das Land noch hatte, wenig mehr als 1000 zurückblieben und sich fügten, obgleich die Auswanderer ihren Besitz nicht verkaufen durften, nicht einmal die bewegliche Habe mitnehmen konnten. Nur noch 326 Häuser waren in der Herrschaft bewohnt. Sämtliche Geistliche, viele Schulmeister, zahlreiche Handels- und Gewerbetreibende und vor allem die große Masse der alteingesessenen deutschen Bauernfamilien wanderten aus. Noch nach 60 Jahren und mehr lagen viele Güter in der alten Heimat „wüst und öde“ und waren unverkäuflich. Namentlich sind allein 4668 Auswanderer nachweisbar. 3180 von ihnen siedelten sich in den unmittelbar angrenzenden lausitzischen Städten und Dörfern an.
Wer sich nicht von der lutherischen Lehre abwenden wollte, sollte all seines Besitzes, auch des geringsten, verlustig werden, ja nicht einmal etwas verkaufen dürfen, um mit dem kleinen Erlöse hiervon fern der alten Heimat eine neue Existenz aufzurichten.
Am 5.März 1650 mußten die Lehensadligen wie auch die Scholzen und Geschworenen ihre Erklärungen über die verlangte Religionsänderung abgeben….
…Sodann mußten die Scholzen und Geschworenen im Namen ihrer Gemeinden wie für ihre eigene Person Erklärungen abgeben. … (S.17/18)
Christoph Zücker von Hohenwald vermeldete als Scholze dieses Ortes, daß sich die Bewohner nach den anderen richten würden. Desgleichen er und der Älteste Mathes Schmidt (Anmerkung: das könnte der erste Scholtes bei der Gründung Hohenwalds gewesen sein), die sich auch den Verhältnissen im Reichenberger Kirchspiel anpassen wollten. …
… die anderen aber mußten für ihr offenes Bekenntnis zum protestantischen Glauben wie auch für ihre Gemeinde eine sechstägige Arreststrafe erdulden. … (S.20)
Anmerkung:
Viele Scholzen taten nur so, als ob sie wieder katholisch werden wollten. Mathes Schmidts Sohn gehört dann mit seiner Familie zu den Exulanten und kehrt auch nicht wieder nach Hohenwald zurück. Der Scholze Christoph Zücker wird später auch als Exulant geführt, kehrt aber eventuell wieder zurück, denn am 28. April 1661 ist im Schöppenbuch von Hohenwald zu lesen:
Der Schultheiß trägt den Namen Christoph
Zücker.
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Sonnabend früh, den 3.Juni 1651, fand die Belehrung in Olbersdorf statt, wo sich auch der Scholze und die 11 Häusler von Hohenwald einzufinden hatten, obwohl sie ins Kirchspiel Wittig gehörten. Das Ergebnis war immer dasselbe, sie hörten sich alles an, haben aber nichts gefragt und nichts gesagt. (S.32)
Dezember 1651
So hatte Oberhauptmann Christoph Strauch von und zu Blumenthal berichtet:
„ … und weil in den umliegenden Dörfern die Leute auch anfangen durchzugehen (=zu fliehen), haben wir bei unserer Abreise die Wirte mit aufs Schloß genommen. Alle haben willig gebeichtet und kommuniziert. … Ingleichen haben die Unkatholischen von Olbersdorf und Hochwald (=Hohenwald) 16, darunter die Scholzen, gemeldeten Sonnabend hiesigem Dechant gebeichtet. (S.40)
Auswirkungen der Rekatholisierung auf Hohenwald
8.April 1651, Amtsdorf Hohenwald, Stand: 44 Einwohner
11.Februar 1652, Stand: 4 Männer mit Familien sind entwichen (insgesamt 17 Personen)
7. Mai 1652, Stand: 7 Häuser sind noch bewohnt
8. Mai 1652, Stand: insgesamt sind 25 Personen entwichen
20. August 1652, Stand: einige Rückkehrer; es sind noch 17 Personen abwesend
August 1654, Stand: 7 Häuser sind bewohnt (S.46)
Hohenwald war ein kleines Amtsdörflein mit 12 Haushalten und vier Einzelpersonen (darunter zwei Häusler), das der Durchführung der Gegenreformation reichen Tribut opfern mußte. Von 48 Bewohnern in Hohenwald verließen nicht weniger als 18 protestantische Bewohner mit Weib und Kind den Ort. Die verlassenen Besitzstände wurden von der Grundherrschaft eingezogen und später an katholische Neuansiedler wieder veräußert. (S.119)
Im Buch von Franz Pohl sind die Hohenwalder Exulanten namentlich aufgeführt.
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Eine sehr bedeutende Quelle ist die „Bergmann’sche Sammlung“, um 1900 (Staatsarchiv Dresden).
Hier gibt es umfassende Hinweise zu den Exulanten (Namen, Daten, Fluchtorte).
http://rzblx10.uniregensburg.de/dbinfo/detail.php?bib_id=bsb&colors=&ocolors=&lett=c&titel_id=10593
und
http://www.exulanten.geschichte.uni-muenchen.de/index.php?module=welcome
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Folgende Einträge zeigen die Auswirkungen der Rekatholisierung:
29. November 1654 (Eintrag im Schöppenbuch)
Michel Zückers (Zigker) Erbgarten wird von Matz (=Mathes) Miller gekauft, (= denn
Michel Zücker ist Exulant und wohnt nicht mehr in Hohenwald.
29. Juli 1657
In Hohenwald wurden folgende Besitzstände verkauft:
Am 29. Juli 1657 verkauften die Gerichte auf dem Hochwald auf Befehl der gnädigen
Obrigkeit des entlaufenen Mathes Appelt (ließ sich in Reichenau in Sachsen nieder) wüsten Erbgarten dem Mathes Miller (später Müller) in der Summe um 3 (Silber)Schilling 18
kleine Groschen 3 Pfennige, welches Geld der entlaufene Mathes Appelt der Kirche zu
Wittig ist schuldig und der Käufer die 3 (Silber)Schilling 18 kl. Groschen 3 Pfennige zu
Weihnachten 1657 den Kirchenvätern bar zustellen muß.
28. April 1661 (Eintrag im Schöppenbuch)
Der Schultheiß trägt den Namen Christoph
Zücker.
14. Mai 1671
Am 14.Mai 1671 wurden die zwei wüsten Erbgärten des Mathes (Matthäus) Schmid (bei der Gründung Hohenwalds ist ein Mathes Schmidt als Scholtes eingetragen) verkauft, dieselben kaufte der Scholtes Christoph Zücker (Zicker) um 5 Silbergulden (?), welche der Herrschaft anheim fielen.
25. August 1675
Am 25. August 1675 wurde der wüste Erbgarten des Hannes Appelt (bei den Gründungsnamen ist ein Nickel (=Nikolaus) Abild eingetragen) dem Hans Funke für 2 Silberschilling (?)verkauft.
19. Mai 1687
Am 19. Mai 1687 wurde des entlaufenen Hanns Krauses Erbgarten dem Christoph Mentzel von Schönborn um 11 Silbergulden (?) verkauft.
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Erfreuliches ist aber auch zu berichten. Hier ein Beispiel:
(Quelle: Online- Archiv Leitmeritz, Taufen Hohenwald 1676-1784)
13. Juli 1677
Am 13. Juli 1677 wurde getauft das eheliche Kind Christophorus. Der Vater ist Georgius Zickert. DieMutter heißt Rosina. Der Pate ist: Christophorus Hildebrand. Die Taufzeugen sind: Joi’s (=Johannes) Peucker und Maria Herbig.
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Der nächste Konflikt ließ aber nicht lange auf sich warten.
(Quelle: Orts- und Häusergeschichte der Gemeinde Rückersdorf, 1933 (jetzt: Dolní Řasnice) von Anton Ressel (28.3.1873-1.1.1933)
In der ersten Empörung der Untertanen wider die Obrigkeit (1679 und 1680) hatten sich auch die meisten Scholzen der Herrschaft Friedland beteiligt. In den urkundlichen Ueberlieferungen werden als Beteiligte angeführt die Scholzen von ……Olbersdorf (Jakob Hillebrand), Hohenwald (Christoph Zücker, + zirka 1683), Hermsdorf (Christoph Neumann), Dittersbach (Hans Weise), …..
Die am Aufstande beteiligt gewesenen Dorfschulzen sollten für ihr Vergehen nicht ungeahndet bleiben. Am 2. November 1683 erfolgte auf dem Schlosse Friedland die Urteilsverkündung: Die ungetreuen Scholzen sollten wegen ihrer Teilnahme am Aufruhr ihr Lehen verlassen oder dieses mit Geld (300 fl.=Gulden) wieder einlösen. (Anmerkung: alle kauften den Kretscham wieder) …Einigen Scholzen wurde der Rest der Strafschuld vom Grundherrn „in Gnaden“ nachgesehen. … (S.112)