Am 1. Februar 2015 erinnern wir uns an ein Ereignis, das mit der Stadt Friedland und Reichenberg im Zusammen-hang steht. An diesem Tag, vor 110 Jahren, starb in Wien der bekannte Architekt und Politiker Franz Ritter von Neumann. Er wurde als älterer Sohn des Architekten Franz Karl Neumann am 16. Januar 1844 in Wien geboren.
Nach den Plänen des k. k. Baurates Franz Ritter von Neumann wurde das neue Rathaus und die Stadtspar- kasse in Friedland gebaut. Im Jahr 1893 wurde mit dem Bau begonnen. Die Bauaufsicht hatte der hiesige Baumeister Wilhelm Stärz. Rund drei Jahre lang hatten die Friedländer Bürger zusehen können, wie ihr neues Rat- haus auf dem Marktplatz entstand. Am 18. August 1896 wurde das im Stil der Neorenais- sance errichtete Gebäude feierlich eröffnet.
Weiterhin ist das repräsentative Rathaus in Reichenberg zu erwähnen. Der Bau mit reich verzierter Fassade und wertvollen Mosaikfenstern gehört zu seiner architektonischer Glanzleistung. Auch hier hatte er den vorausgegangenen Architektenwettbewerb gewonnen. Seine Ähnlichkeit mit dem Wiener Rathaus hat der Stadt den Beinamen „Wien des Nordens“ eingebracht.
Er erbaute unter anderem auch die Gruft und Kapelle der Familie des Großindustriellen Karl Max Richter in Raspenau, das Schloss des Erzherzogs Wilhelm in Baden, die Schlösser in Lindau und Veldes, das Kastell Dioszegh, viele Wohn- und Geschäftshäuser, den Regensburgerhof am Lugeck und viele Semmeringvillen. Die Pläne für die Zentrale des Staatstelefons in der Berggasse, für die Habsburgwarte auf dem Hermannskogel, mehrere Projekte für Kirchen und für die St. Antoniuskirche in Favoriten stammen auch von seiner Hand.
Baurat Ritter von Neumann hat sich auch im öffent-lichen Leben vielfach betätigt. Er war ab 1872 Mitglied des Wiener Künstlerhauses, 1889-1890 Gemeinderat der Stadt Wien, 1891-1895 Stadtrat. 1894 wurde ihm die Ehrenbürgerwürde der Stadt Reichenberg verliehen. Auf der Weltausstellung in Paris 1900 wurde Franz Ritter von Neumann mit einer Silbermedaille ausgezeichnet.
Am 1. Februar 1905 kam aus Wien folgende Nachricht:
Heute Nachmittag ist Baurat Franz Ritter von Neumann eines plötzlichen Todes gestorben. Die Information von dem unerwarteten Ableben des erst einundsechzigjäh- rigen in voller Arbeitskraft stehenden Mannes, der als Architekt besonders für Wien ganz hervorragendes geschaffen, sich an den Bauangelegenheiten der Ge-meinde sehr verdienstlich betätigt und als Fachschrift-steller des besten Rufes genossen hat, wird im Kreise der Künstler, Bauleute und Techniker, unter seinen ehemali- gen Kollegen im Gemeinderat und Stadtrat, wie in der Wiener Gesellschaft schmerzlich überraschen.
Baurat Neumann, der sich in der letzten Zeit nicht wohlfühlte, beabsichtigte den Lichtmesstag zur Erholung auf dem Semmering zu verbringen. Er wollte mit dem Zug der Südbahn dahin reisen. Er kam mit seiner Gattin auf den Südbahnhof, hatte die Fahrkarte gelöst und trat auf den Bahnsteig. Plötzlich sahen die zahlreichen Reisenden den Architekten vor den Augen seiner zu Tode erschrockenen Gattin zusammenbrechen. Man bemühte sich um ihn, verständigte die Polizeiinspektion und ließ den sterbenden ins ärztliche Inspektionszimmer tragen. Dort wurde er ärztlich versorgt, doch alle Bemü-hungen der Ärzte waren vergebens. Als die Ambulanz der Rettungsgesellschaft kam, um den Kranken nach Hause zu bringen, fand sie ihn tot. Er dürfte am Herzschlag gestorben sein. Seine letzte Ruhestätte fand er in der Familiengruft auf dem Zentralfriedhof in Wien.
28.01.2015 - Stanislav Beran